Zeitliche Schwereänderungen in SE-Island: vorläufige Ergebnisse und Vergleich mit Modellen Wolfgang Jacoby, Peter Smilde, Herbert Wallner Institut für Geowissenschaften, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 55099 Mainz Jacoby@mail.uni-mainz.de In Südost-Island nahe dem Pule-Zentrum ist die Lithosphäre vermutlich relativ dünn und die Asthenosphäre niederviskos. Hier liegt Vatnajökull, der seit etwa 100 Jahren nachweislich und abschätzbar schrumpft. Die Lithosphäre wird entlastet und hebt sich. Um die Effekte quantitativ zu erfassen, werden wiederholte GPS-Höhen- und Lagemessungen (isländischer Beitrag) und Schweremessungen an denselben Punkten durchgeführt, zusätzlich an älteren isländischen Basispunkten (1968), z.T. mit DFG-finanzierten Messflügen. Schweremessungen können Aussagen über Massentransport im Mantel und dessen Rheologie liefern. Zum Einsatz kamen verschiedene LaCoste- Romberg Gravimeter (Ablesung ±4 mGal; Gang ?). Problematisch war, daß mehrere Referenzpunkte sehr große (nicht-zeitliche) Schwereunterschiede hatten, wodurch Ungenauigkeiten des Skalenwertes kritisch werden können. Zum Vergleich mit "glatten" Modell-dgth(r,t)-Kurven wird angenommen, dass eine elastische homogene Lithosphäre (d,E,r) eine viskose Asthenosphäre (h) überlagert. Die Lastfunktion wurde geschätzt, und es werden die Modellierergebnisse über Landhebungen auf Schwereänderungen umgerechnet. Die Ergebnisse zeigen Schwereänderungen mit starker Streuung. Schwereabnahme, also Landhebung nahe Vatnajökull ist klar zu erkennen. Die deutliche Korrelation (Faktor 0,14 mGal/mGal) von zeitlicher Schwereänderung und zeit-konstanter Schweredifferenz kann zufällig sein. Rechnet man sie weg, würde eine rein zeitliche dDg(Ort, Zeitintervall t) "übrigbleiben": die Schwereänderungen der entfernten Punkte gegen 701 (eisnah) kann dann 0.1 bis 0.15 mGal oder nur 0.01 bis 0.02 mGal ausmachen. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse wird die Schwereabnahme von Punkt 701, etwa 70 km vom Eiszentrum relativ zu den entfernten Punkten (~150 km), auf etwa 15 bis 100 mGal geschätzt (±50%). Das entspricht bei einem "Freiluft"-Effekt (309 mGal/m) 50 bis 300 mm Hebung (von 701), bei einem Bouguer-Effekt (200 mGal/m) 75 bis 500 mm. Der Freiluft-Effekt entspricht einer rein elastischen Hebung. Der Bouguer-Effekt impliziert horizontales Einströmen von Masse in der Asthenosphäre. Das isländische Schwere-Basisnetzt war 1968 vermessen worden, die hier betrachteten Wiederholungsmessungen waren 1993, also 25 Jahre später. Bei konstanter Hebungsrate entsprechen diese Zahlen also 0.6 bis 4 mGal/a oder 2 bis 12 mm/a (FA) oder 3 bis 20 mm/a (BA). Vernachlässigt wurde bisher die direkte Schwerewirkung des sich ändernden Eiskörpers. Da der nächste Punkt 701 etwa 20 km vom Eisrand liegt, dürfte diese Vernachlässigung unkritisch sein. Es liegen von Sjöberg et al. (2000) Ergebnisse zweier GPS-Campagnen 1992 und 1996 vor, welche eine Hebungsrate von 3 bis 8 mm/a um Vatnajökull herum anzeigen, allerdings nicht an den von uns benutzten entfernten Basisstationen. Punkte im Gebiet von Höfn werden mit 3 bis 5 mm/a angegeben. Bei niederen Viskositäten sind die Schwereänderung am stärksten, bei höheren kleiner. Beim vorläufigen Stand der Auswertung sind Viskositäten von gut 1018±1 Pas mit den Messwerten kompatibel, allerdings mit einer Unsicherheit von ± einer Größenordnung, fall die Skalenfaktoren korrekt sind, 1017 Pas.